Triumvirad
Rennradfahren muss nicht unbequem sein, wie der Test dreier Carbon-Endurance-Modelle um 2500 Euro zeigt.
Endurance-Rennrädern muss man nicht zwingend auf der namensgebenden Langstrecke gerecht werden. Sie sind zwar – wie unser Test zeigt – genau dafür prädestiniert und gelten als komfortable Vertreter der Schmalreifen-Velos, ohne es an Sportlichkeit mangeln zu lassen. Also genau richtig für wenig masochistisch veranlagte Pedalieros, sportliche Tourenfahrer oder Fahrer, die neu in der Straßensport-Materie sind. Prämisse bei der Auswahl waren: Carbonrahmen und -gabel, Scheibenbremsen und die beschriebene Endurance-Ausrichtung. Obendrein sollte das Preis-Leistungsverhältnis maximal ausgereizt werden, was unweigerlich zu heimischen Herstellern mit Direktvertrieb führt – namentlich Canyon, Radon und Rose. Der angedachte 2500-Euro-Preisdeckel deckt die geforderten Ansprüche ab, ermöglicht hochwertige Komponenten und lässt die Kandidaten somit in der respektablen Acht-Kilo-Gewichtsklasse mitspielen. […]
rose reveal four
[…] Neben der schnittigen Zweifarben-Lackierung mit leichtem Flip-Flop-Effekt fällt bei dem Rad aus Bocholt vor allem eines auf: Es gibt kaum sichtbare Schalt- und Bremszüge. Die Kabelei ist nur direkt hinter dem Lenkerband sichtbar und verschwindt ohne weitere Schlingen und Schlaufen direkt in einer oberhalb des Lenkkopflagers beheimateten Plastikabdeckung im Inneren des Rahmens. Das ist nicht essenziell, aber formschön und elegant gelöst. Auch an den niedrig aufs Sattelrohr treffenden Sattelstreben bleibt das Auge hängen. Ein Komfort-Feature. Genauso wie die integrierte Sattelklemme, die eine D-förmige Carbon-Sattelstütze mit 25-Millimeter-Offset umklammert. Das macht nicht nur ein Ausrichten des Sattels überflüssig, sondern sorgt am Heck des Rose Reveal Four für enorm viel bequeme Flexibilität. Damit wurde es zum Favoriten der tagesfüllenden Ausfahrten und nahm im Test die meisten Kilometer am Stück unter die Räder. […]
Nach drei Monaten Test gibt es nichts zu meckern, die gemeinsamen Kilometer waren – solange es keine Fahrer-Defizite gab – ein absoluter Genuss. Konzeptionell passt hier alles zusammen. Das mag allerdings auch daran liegen, dass Rose das im hauseigenen Portfolio höher angesiedelte Rad ins Test-Rennen schickt. […]
canyon endurace cf sl disc 8.0
[…] Kerosin Rot nennen die Koblenzer die Farbe des in der Fachpresse viel gelobten Endurace. Das knallige Rot ist nicht der einzige Hingucker an dem mit 8,04 Kilogramm leichtesten Rad im Test. Auffällig ist die die geteilte Sattelstütze, die als Blattfeder fungiert und den Fahrkomfort im Vergleich zu ungefederten Rädern merklich erhöht. Bis zu 20 Millimeter Federweg bietet das wartungsfreie Carbon-Bauteil. Der Effekt ist nicht nur spür-, sondern bei Belastung auch sichtbar. Die integrierte, niedrig montierte Sattelklemme verstärkt die Wirkung nochmals. Auch wenn die Konstruktion eine klares Komfort-Plus bietet, sollte man kein Wunder erwarten: Absätze und Kopfsteinpflaster bekommt der Fahrer so oder so zu spüren, schließlich soll der Flex das Fahrgefühl nicht dominieren. […]
Über den dreimonatigen Testzeitraum gab sich das top verarbeitete, aerodynamisch optimierte Canyon keine Blöße und sorgte für viele unbeschwerte Stunden und ausgelassene Mittelgebirgs-Kilometer. Definitiv wird es dem namensgebenden Neologismus gerecht und ist jeden Penny wert. Mit dem Fizik-Sattel wurden wir nicht ganz warm, dafür erschien die Dosierbarkeit der Bremsen – trotz gleicher Ausstattung – als besonders gelungen. […]
radon spire disc 9.0
[…] Auf den ersten Blick gibt sich das Spire Disc des im Bonner Umland beheimateten Herstellers äußerst dezent. Das liegt einerseits an der zurückhaltenden Farbgebung, aber auch am Verzicht auf Extravaganzen. Explizite Ausstattungsmerkmale, die dem Fahrkomfort beziehungsweise dem Wohlergehen des Fahrergesäß zugute kommen sucht man an dem organisch geformten, sehr kompakt wirkenden Rahmen vergeblich. Umso erfreulicher ist es, dass die Kombination aus Carbon-Sattelstütze und offenbar genügend flexiblen Sattelstreben trotz konventioneller Sattelklemme für guten Langstrecken- und Schlechtwegekomfort sorgen. Auch frontseitig scheint das Spire gutmütig, geht umsichtig mit den Handgelenken um, was wohl auf den Flex des Carbon-Lenkers zurückzuführen ist – Alu-Komponenten können da nicht mithalten. […]
Nach drei Monaten fällt das Fazit überaus positiv aus. Das Preis-Leitungs-Verhältnis ist – wie auch der Fahrspaß – hervorragend. Auch am Spire würden wir den einen Satteltausch in Betracht ziehen und die Schaltung etwas nachjustieren, die es gegen Ende des Testzeitraums etwas an Präzision mangeln lässt – reine Einstellungssache. Ästheten beäugen die Kettenfett-Flecken auf dem matten Rahmen kritisch: Sie sehen aus wie Wasserflecken, lassen sich aber nur mit Reiniger entfernen. Praktisch veranlagte freuen sich über das kleine Blech, das den Rahmen auf Höhe der Kettenräder schützt. […]
Den ganzen Artikel…
…gibt es in der FAZ beziehungsweise FAS Nr. 44 vom 1. November 2020